Januarherausforderung

Da unser Hammer schon einige Zeit nicht mehr zu gebrauchen war, ich aber ein paar Nägel zum Einschlagen hatte, habe ich ihn eines Tages mit in meine Einkaufstasche gepackt. So bin ich mit meinem Hammer mit abgebrochenen Stil auf dem Markt zu meinem „Schreiner“, (welcher ein älterer, netter Herr ist) und hab ihn gefragt, ob er helfen kann. Naja, gefragt??? Eher gestikuliert, denn er konnte außer ein paar ganz wenigen Brocken Französisch nur Arabisch, und ich nur Französisch, und mein Smartphone-übersetzter hat auch kein Arabisch drauf. Doch wir haben uns irgendwie trotzdem prima verstanden. Das Problem war ja sichtbar. Lachend nahm er meinen Hammer, drehte sich um und wurstelte etwas hinter einem Stapel Holzstangen hervor. Dann legte er zwei Hämmer auf den Arbeitstisch, einen ohne Stile (meiner) und seinen. An seinem war der Stiel zwar ganz, aber der Hammerkopf war gebrochen. Da hatten wir also zwei unnütze Hämmer. Kurz entschlossen nahm er seinen Hammerstiel und hobelte ihn soweit zurecht, dass er an meinen Hammer passte. Das war ein kleines Stückchen Arbeit, aber es hat geklappt und wir waren zum Schluss beide zufrieden.

Einige Tage später ging ich mit einem Plan für ein Schuhregal/Garderobe bei ihm vorbei. Ich hatte mir schon länger Gedanken darüber gemacht, denn in den Geschäften gab es einfach nichts Passendes für unseren Hausflur. So habe ich dann mit Klaus einen Bauplan gezeichnet. Das heißt, Klaus hat ihn nach meinen Maßangaben gezeichnet. Das kann er einfach besser, als ich. Als ich bei meinem Schreiner ankam, war sein Kollege am Arbeiten und meinte, sein Mitarbeiter sei noch in der Mittagspause. (Es war schon nach 15 Uhr). Ich solle einfach warten, in 10 Minuten sei er wieder da. Er kam dann auch recht bald und gemeinsam schauten wir uns meinen Plan an. Wir redeten, zeichneten, erklärten, versuchten zu verstehen…. etwa eine halbe Stunde lang. Gelacht und Haare gerauft haben wir auch 😉 aber es schien (aus seiner Sicht) alles „klar“ zu sein und er gab mir zu verstehen, dass er sein Handwerk schon verstehe und ich mir keine Sorgen machen solle. In ein paar Tagen sei das Regal fertig. Nun ja, Sorgen machte ich mir keine, aber ein paar Bedenken hatte ich schon. Es schien mir fast ein bisschen, dass in anderen Ländern Pläne nicht ganz so gezeichnet und gelesen werden, wie „zuhause“…. Trotzdem hatte ich nach soviel Freundlichkeit, Beziehung knüpfen, Schmunzeln, Augenrollen, Hilfsbereitschaft und Feilschen um den richtigen Preis einfach nicht den Mut, nicht das Herz dazu, mein Garderobenregal nicht zu bestellen. So ist es nun bestellt, und einer Woche sollte es fertig sein….. Kurz bevor ich mich verabschiedete, erklärte ich ihm noch, dass ich das Regal nur geschraubt, nicht verleimt haben wollte. Das konnte er nicht ganz verstehen, denn „geleimt sei es doch stabiler“, aber er verstand, dass ich es für einen eventuellen Umzug auseinander bauen wollte.

Aus einer Woche Bauzeit wurden dann zwei Wochen. Das war aber nicht der Langsamkeit des Schreiners geschuldet, sondern dem Wetter. Denn wir hatten endlich immer mal wieder ein bisschen Regen. Und bei Regen, so erklärte mir mein Schreiner, könne er nicht lackieren, den in der feuchten Luft trockne der Lack nicht, und nach Hause liefern ginge bei Regen auch nicht. Nun, das machte Sinn, das konnte ich verstehen. Trotzdem wurde ich langsam etwas ungeduldig. Ich freute mich auf meine Garderobe und war richtig gespannt und „gwunderig“, was der Schreiner aus meinem Plan gezaubert haben würde.

Dann endlich war es soweit: Ich sollte in seine Bude auf dem Markt kommen und dann würden wir den Transport nach Hause organisieren. Ich war pünktlich dort. Das Regal war sehr schön anzusehen und mit dem Lack, den ich ausgesucht hatte, kam die Holzmaserung richtig gut zur Geltung. Und es sah auch richtig „nach Plan“ aus. Auf den ersten Blick, denn als Klaus sich daneben stellte, sah ich, dass es kürzer war als Klaus. Nach meiner Erinnerung, sollte aber 190cm hoch sein, also etwas größer als Klaus 😉 auch schien das oberste Regalbrett weiter oben zu sein, als meine Erinnerung an den Plan mir suggerierte. Nun gut, es gefiel mir trotzdem sehr gut und ich wollte nicht meckern. Ich mochte den Schreiner in seiner Begeisterung nicht enttäuschen. Ich mochte ihn zu sehr 😉 und das Ganze war ein tolles Erlebnis. Zudem hatte er sich über sein Werk, (das in der Mitte so schön viel Platz für den Fernsehbildschirm hatte (meinte er), so gefreut. So etwas Schönes konnte seiner Meinung nach wohl keine Garderobe/Schuhregal sein, sondern ein Möbel fürs Wohnzimmer 😉 Auch war ich mir nicht ganz sicher, ob ich mich mit den Zahlen, (die sind in fremden Sprachen immer recht tückisch), richtig ausgedrückt hatte und ob sie auf dem Plan auch wirklich gut leserlich gewesen waren… Also habe ich den Restbetrag bezahlt, ein kleines Extra dazu und er hat seinen Transport-Freund angerufen. Der stand dann wenige Minuten später auch schon da und wir konnten aufladen und uns auf den Heimweg machen. Wobei man sich mit vielen „Merci vielmals und auf bald wieder“ verabschiedete.

Den Platz für das Garderobenregal zuhause hatte ich schon vorher freigeräumt. Es passte auch wunderbar hin, nur war oben etwas zu viel Luft und in der Mitte etwas zu wenig Länge um die Jacken aufzuhängen. Aber das war nicht weiter schlimm. In unseren vielen Jahren in verschiedenen Kulturen haben uns gelernt zu improvisieren und Klaus viele handwerkliche Fähigkeiten konnten immer wieder gut gebraucht werden. So auch hier: Wir begannen das Regal „um zu gestalten“, unseren Bedürfnissen besser an zu passen.

Wie gut, dass es wirklich nur geschraubt und nicht verleimt war!! So war die Umgestaltung abgeschlossen, nachdem wir ein paar Schrauben raus gedreht, Bretter umgelegt und neu fest geschraubt hatten.

Das Gemeinschaftswerk erfüllt nun seinen Zweck und wir sind um einige Lachfalten, kulturelle Erfahrungen und Unterschieden reicher und haben eine Geschichte mehr zu erzählen 😉